Freuds Dinge. Der Divan, die Apollokerzen & die Seele im technischen Zeitalter

Freuds Dinge. Der Divan, die Apollokerzen & die Seele im technischen Zeitalter

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Lothar Müller zeigt den Vater der Psychoanalyse und seine Traumdeutung im Spiegel ihrer Gegenstände. Da taucht zum Beispiel die „Apollokerze“ auf, das Erfolgsprodukt der Wiener Apollogesellschaft: industriell gefertigte Stearin-Kerzen, die reißenden Absatz fanden, weil ihr Docht nicht nachgeschnitten werden musste. Die frühe Psychoanalyse folgt dem Gesetz, nach dem die Kerzenfabrikanten, die Vergnügungsbranche oder die Industrie ihre Waren benennen. Und wie die Apollokerzen in der Dingwelt kursierte der Ödipuskomplex bald in der Alltagssprache. Das Unbewusste von Freuds Patienten war bevölkert mit den Requisiten des bürgerlichen Alltags und Interieurs. In ihren Träumen und Fehlhandlungen regiert die „Tücke des Objekts“, die damals sprichwörtlich wurde. So sind Freuds Schriften nicht nur eine Aufdeckung des Verdrängten oder Verdichteten, der Lektüre im Unbewussten, sondern zugleich ein Kompendium der Welt der Dinge des 19. Jahrhunderts, vom Regenschirm bis zu Schreibgeräten. Lothar Müller ist leitender Literaturkritiker bei der „Süddeutschen Zeitung“, Literaturwissenschaftler, Lehrbeauftragter und Autor mehrerer Bücher.
Müller, Lothar
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