Gefährlicher Glaube. Die radikale Gedankenwelt der Esoterik
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In einer Zeit voller Umbrüche und Veränderungen suchen viele Menschen Halt und Orientierung in Verschwörungstheorien. Aber auch esoterische Welterklärungsmodelle boomen: Horoskope verraten, was die eigene Zukunft bringen wird. Der spirituelle Heiler wird zur Leitfigur. Der Esoterikmarkt boomt. Dabei wird dieser Bereich in der öffentlichen Wahrnehmung oft wenig wahrgenommen. Ist der Glaube an unsichtbare Kräfte, die unser Leben in die richtige Bahn lenken sollen, nur eine harmlose Spinnerei? Oder bringt der Esoterik-Trend gefährlichere Risiken mit sich, als es auf den ersten Blick erscheinen mag? Mit einem jährlichen Umsatz von 20 Milliarden Euro ist der Esoterik-Markt nämlich für Verschwörungstheoretiker/innen eine wichtige wirtschaftliche Größe. Deshalb wird hier aggressiv Stimmung gemacht, um diesen Trend für sich zu nutzen. Hier werden übliche Feindbilder der Verschwörungsideologien geschürt, was zunehmend eine Gefahr für den demokratischen Gesellschaftskonsens bildet.
Die Psychologin Pia Lamberty leitet den gemeinnützigen Thinktank CeMAS, der interdisziplinäre Expertise zu Themen wie Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus bündelt. Zuvor war sie an den Universitäten Köln, Mainz und Beer Sheva (Israel) forschend tätig. Katharina Nocun hat Wirtschafts- und Politikwissenschaften in Münster und Hamburg studiert. Die Publizistin beschäftigt sich mit dem Spannungsfeld von Digitalisierung, Demokratie und Desinformation, wovon auch ihr erstes Buch »Die Daten, die ich rief« (Bastei Lübbe, 2018) handelt.
Lamberty, Pia | Nocun, Katharina
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Laudatio
Kohlenbergers detaillierte Analyse des Umgangs mit Vertriebenen zeichnet die historischen und gegenwärtigen Entwicklungen aus rechtlicher, gesellschaftlicher und individueller Perspektive nach und zeigt, wie wir zu einer menschlichen Asyl- und Integrationspolitik kommen könnten. Das Ergebnis ihrer wissenschaftlich ausgreifend untermauerten analytischen Studie: Flucht ist traumatisierend — und paradox: Man sucht Sicherheit, muss dafür aber sein Leben aufs Spiel setzen. Und muss Recht brechen, nämlich »illegal« Grenzen passieren, um zu seinem Recht auf Asyl zu kommen. So ist dieses Thema von zahlreichen Widersprüchlichkeiten geprägt, die eine Lösung der Flüchtlingsfrage geradezu verunmöglichen. »Das Fluchtparadox« erörtert diese Widersprüchlichkeiten, die seit geraumer Zeit in Europa bewusst als politische Instrumente eingesetzt werden und sich zu einem größeren System zusammenfügen. Kohlenberger beschreibt sie im weiteren Sinn auch als Legitimationspraktiken, die den Status quo als gegeben und neutralisiert darstellen. Werden sie jedoch als Netze von Bedeutungen erkannt, können sie aufgelöst und schließlich auch als lösbar verstanden werden. Dabei fordert Kohlenberger, theoretisch fundiert durch Hannah Arendts Proklamation gegen die Banalität des Bösen und instruktiv Bezug nehmend auf Theorien des Soziologen Zygmunt Bauman, geltendes Recht umzusetzen.
Judith Kohlenberger ist Kulturwissenschaftlerin und Migrationsforscherin am Institut für Sozialpolitik der Wirtschaftsuniversität Wien. Im Herbst 2015 war sie an einer der europaweit ersten Studien zur großen Fluchtbewegung beteiligt. Sie wurde 2019 mit dem Kurt-Rothschild- Preis des Dr.-Karl-Renner-Instituts und 2021 mit dem Förderpreis der Stadt Wien ausgezeichnet.
Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
David Graeber, Anthropologe, und David Wengrow, Archäologe, beschreiben in ihrer Menschheitsgeschichte, wie sich die Anfänge unserer Zivilisation mit der Zukunft der Menschheit neu denken und verbinden lässt. Sie revidieren unser bisheriges Menschenbild: Über Jahrtausende hinweg, schon lange vor der Aufklärung, wurde schon jede erdenkliche Form sozialer Organisation erfunden und nach Freiheit, Wissen und Glück gestrebt. So halten sie den angeblich universellen Umschwung um ca. 9.000 v. Chr. vom Jäger-und-Sammler-Dasein zur landwirtschaftlichen Zivilisation samt entsprechendem Primat des Privatbesitzes und der somit notwendigen Verwaltung und Sozialhierarchie, weder für natürlich noch unvermeidlich. Graeber und Wengrow zeigen zudem, wie stark indigene Perspektiven das westliche Denken beeinflusst haben und wie gewinnbringend ihre Rückgewinnung sein kann.
David Graeber war Professor für Anthropologie an der London School of Economics und Autor der Weltbestseller »Schulden«, »Bullshit Jobs« und »Bürokratie» sowie Vordenker von »Occupy Wall Street«. Er starb überraschend 2020 in Venedig. David Wengrow studierte Archäologie und Anthropologie in Oxford und unterrichtet Vergleichende Archäologie an der Universität London. Er leitete Forschungen in Afrika und dem Mittleren Osten und gilt als einer der führenden Vertreter der »World Archaeology«.
Graeber, David | Wengrow, David
»Ich gehörte nirgendwohin.« Kinderleben nach dem Holocaust
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Schätzungen zufolge überlebten etwa 180.000 zwischen 1935 und 1944 geborene jüdische Kinder den Holocaust. Nach 1945 ging man davon aus, sie würden das Erlebte rasch überwinden oder schlicht vergessen. Ihre Erinnerungen galten als weniger authentisch; in der Forschung spielten sie daher lange nur eine marginale Rolle. Erst in den letzten Jahren haben sie Anerkennung als Zeitzeug/innen gefunden. In ihrer Studie folgt Rebecca Clifford diesen sehr jungen Überlebenden auf ihren Wegen aus den Trümmern ins Erwachsenenalter. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie können Menschen ihrem Leben einen Sinn abgewinnen, wenn sie nicht wissen, woher sie kommen? Wenn sie die Angehörigen verloren haben, die ihnen dabei helfen könnten, ihre fragmentierten Kindheitserinnerungen einzuordnen? Clifford wertet Archivmaterial und Oral-History-Interviews aus und bringt unerwartete und schockierende Geschichten ans Licht. Ihre Befunde zwingen dazu, die Annahmen über die Folgen von Traumata und die Natur des Gedächtnisses zu revidieren.
Rebecca Clifford, geboren 1974 in der kanadischen Provinz Ontario, promovierte an der Universität Oxford und ist Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der University of Swansea in Wales.
Exit. Warum Menschen aufbrechen
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Heute brechen immer mehr Menschen auf, um ihr Glück dauerhaft in anderen Ländern zu suchen. Was macht das mit ihrer Heimat – und was folgt daraus für die reichen Zielländer im globalen Norden? Der Soziologe Thomas Faist bringt Licht ins Dunkel – und räumt mit einigen grassierenden Mythen zur globalen Migration im 21. Jahrhundert auf. Migration ist zum politischen Massenphänomen der Zeit – vor allem im globalen Süden. Die massenhafte Abwanderung aus verarmten Regionen verschärft sich nicht zuletzt infolge des Klimawandels. Dadurch entstehen sowohl in den Immigrations- als auch in den Emigrationsländern neue politische Konfliktkonstellationen. Die Fragmentierung der europäischen Parteienlandschaft etwa wäre ohne die globale Migration im 21. Jahrhundert undenkbar. Auf der anderen Seite wird die weltweite soziale Ungleichheit durch immer rigidere Migrationsregime zementiert statt abgemildert. Es bedarf folglich einer neuen, fairen Migrationspolitik, um den Exit im globalen Süden in eine für alle Beteiligten gewinnbringende Mobilität zu lenken.
Thomas Faist, einer der führenden Migrationsexperten in Europa, ist Professor für Transnationale Beziehungen, Entwicklungs- und Migrationssoziologie an der Universität Bielefeld. Faist ist Mitglied im Rat für Migration und wurde 2020 in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste gewählt.
The Journey of Humanity – Die Reise der Menschheit durch die Jahrtausende. Über die Entstehung von Wohlstand und Ungleichheit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Oded Galor lüftet das Geheimnis von Wohlstand und Ungleichheit, indem er die Geschichte der Menschheit vom Beginn bis heute neu erzählt: Warum sind wir Menschen die einzige Spezies, die dem allein auf Selbsterhaltung fokussierten Dasein entkommen ist? Wieso lebte die Masse noch bis Ende des 18. Jh. in Armut, wie gelang der Übergang von Stagnation zu Wachstum? Wie haben es die Menschen zu ihrem enormen Wohlstand geschafft? Und warum ist dieser Wohlstand auf der Welt so ungleich verteilt? Galor verschmilzt Ideen aus der Wirtschaftswissenschaft mit Erkenntnissen aus Anthropologie, Geschichte und den Naturwissenschaften und liefert erstmals eine allumfassende, evidenzbasierte Theorie: Denn er nimmt dazu die gesamte Menschheitsgeschichte in den Blick: Fortschritt bemisst dieser Ökonom nicht in Konjunkturzyklen, sondern in Epochen.
Oded Galor ist Wirtschaftswissenschaftler an der Brown University, Rhode Island. Seine Forschungsschwerpunkte liegen insbesondere im Bereich Wirtschaftswachstum. Er war Herausgeber des Journal of Economic Growth und des Journal of Population Economics.
Zwölf Cäsaren. Gesichter der Macht von der Antike bis in die Moderne
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wie sieht das Gesicht der Macht aus? Und wie reagieren wir auf diese Abbilder von Politikern, die wir fürchten oder gar hassen? Vor dem Hintergrund der aktuellen Denkmalstürze erzählt Mary Beard von den römischen Kaisern und ihrem Nachleben in späteren Generationen. Beard unternimmt eine Reise durch zwei Jahrtausende Kunst- und Kulturgeschichte: Ausgehend von den kaiserlichen Porträts und Skulpturen der römischen Politik, erzählt sie von fluiden Identitäten, beabsichtigten und unbeabsichtigten Verwechslungen und grotesken Fälschungen. So rekonstruiert sie Tizians verlorenes Kaiserzimmer und erkundet die Cäsarenteppiche Heinrichs VIII. Die Althistorikerin macht sichtbar, wie die römischen Kaiser in den Kunstwerken der Renaissance fortlebten und in welcher Form sie im 19. Jahrhundert auftauchen und bis in die Gegenwart erhalten bleiben: Wieso werden glücklose Herrscher als Neros karikiert? Warum gilt der Lorbeerkranz siegreicher Cäsaren weiterhin als Erfolgssymbol?
Mary Beard lehrt seit 2004 als Professorin für Altertumskunde an der Universität Cambridge. Zudem ist sie Mitherausgeberin des Times Literary Supplement sowie Moderatorin der BBC-Serie »Meet the Romans«.
Momentum. November 1942 – wie sich das Schicksal der Welt entschied
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Im November 1942 kommt es gleich auf mehreren Kriegsschauplätzen zur Entscheidung: in El Alamein, auf der Pazifikinsel Guadalcanal; in Stalingrad. Das epische Geschichtswerk führt von der Wüste Nordafrikas bis in die Kälte Russlands, von fernen Inseln im Westpazifik bis in die deutsche Hauptstadt. Peter Englund erzählt die Wende(n) des Zweiten Weltkriegs aus der Sicht derjenigen, die diesen Krieg erlebt haben: Sophie Scholl, Ernst Jünger oder Albert Camus, aber u. a. auch ein deutscher U-Boot-Kommandant im Südatlantik, ein zwölfjähriges Mädchen in Shanghai, ein sowjetischer Infanterist in Stalingrad, ein Partisan in den belarussischen Wäldern, eine Journalistin in Berlin, eine Hausfrau auf Long Island. So wird in Einzelschicksalen die existenzielle Dimension des Krieges erfahrbar gemacht.
Peter Englund arbeitete als Kriegsreporter und lehrte Geschichte in Uppsala und wurde 2001 Professor für Historische Narratologie Dramatischen Institut Stockholm. Von 2009 bis 2015 war er Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie, die den Nobelpreis vergibt.
Die erstaunlichen Sinne der Tiere. Erkundungen einer unermesslichen Welt
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Jede Spezies auf der Erde nimmt nur bestimmte Reize aus ihrer jeweiligen Umwelt wahr: welche, wie und warum genau, fragt sich Ed Yong. So begegnen die Leser/innen hier Käfern, die von Feuer angezogen werden, Schildkröten, die die Magnetfelder der Erde aufspüren können und Fische, die Flüsse mit elektrischen Botschaften füllen. Man erfährt, dass die Schuppen im Gesicht eines Krokodils so berührungsempfindlich sind wie die Fingerspitzen eines verliebten Menschen; dass der Riesenkalmar mit seinen fußballgroßen Augen seinen Feind, den Pottwal, erkennen kann; warum Blätter synchron zum Rhythmus der unhörbaren Gesänge balzender Buckelzikaden vibrieren und was für einen komplexen Sehsinn Kammmuscheln besitzen. Yong deckt auf, was Bienen in Blüten sehen und was Singvögel in ihren Melodien hören. Doch die Sinne der Tiere sind in Gefahr: Der Mensch bringt sie durch Lichtverschmutzung, Lärm und andere Reizüberflutungen aus dem Gleichgewicht und gefährdet so die Artenvielfalt.
Der studierte Biochemiker Ed Yong ist seit 2015 Wissenschaftsreporter beim US-Magazin The Atlantic. 2021 erhielt er für seine Berichterstattung zur COVID-19-Pandemie den Pulitzer-Preis.
Überfluss und Freiheit. Eine ökologische Geschichte der politischen Ideen
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In »Überfluss und Freiheit« entwirft der französische Philosoph Pierre Charbonnier eine philosophische Ideengeschichte zum Verhältnis zwischen Mensch und Natur. In einem Gang durch 300 Jahre Ideengeschichte von John Locke und Adam Smith über Saint-Simon, Karl Marx und Herbert Marcuse bis zum Club of Rome und Greta Thunberg zeigt Pierre Charbonnier: Die Erde wird seit dem 17. Jahrhundert als unerschöpfliche Quelle von Wohlstand und Wachstum gesehen. Alle seither entwickelten politischen Ideen beruhen darauf, vor allem die zentralen Begriffe von Freiheit und Gleichheit, von Autonomie und von Wachstum bzw. Überfluss. Doch das ist eine fatale Sicht auf das Verhältnis von Mensch und Natur. Laut Charbonnier braucht es eine philosophische Neudefinition dieser Beziehung, wenn politische, soziale und wirtschaftliche Konzepte nachhaltig sein wollen. Die ökologische Krise der Gegenwart sei daher eine Chance, sozial und politisch umzudenken und als Gesellschaft neue Wege zu gehen.
Pierre Charbonnier ist Wissenschaftler am Centre National de la Recherche Scientifique in Paris und studierte ebendort an der École Normale Supérieure. Die Tageszeitung »Libération« bezeichnet ihn als den neuen philosophischen Kopf einer politischen Ökologie.
Die wahre Geschichte der Wikinger
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der renommierte Wikinger Experte Neil Price gibt mit zahlreichen Karten, Illustrationen und Abbildungen einen umfangreichen verblüffenden Einblick in die Welt der skandinavischen Seekrieger. Er fragt: Waren sie wirklich die brandschatzenden Seefahrer und gewaltsamen Eroberer aus den Legenden? Sein Buch stellt die gängigen Vorurteile auf den Prüfstand und zeigt die Menschen hinter dem Mythos. Basierend auf neuesten archäologischen Funden und zahllosen Textquellen zeigt Neil Price die Wikinger erstmals so, wie sie sich wohl selbst sahen und schildert ihr Alltagsleben und ihre Kultur: Wie übten sie ihre Religion aus, wie gestalteten sie Politik? Welche Rolle hatte die Frau, und wie zentral war Gewalt? Zahlreiche Personen aus dieser Geschichte werden vorgestellt — von Eirík I., genannt »Blutaxt«, der sich den norwegischen Thron erkämpfte, bis zur isländischen Entdeckerin Gudríd, die bis nach Amerika reiste.
Neil Price studierte Archäologie in London und York und zog 1992 nach Schweden, um als Feldarchäologe die Gebräuche der Wikinger zu erforschen. Seit 2014 ist er Professor für Archäologie und Frühgeschichte an der Universität Uppsala.
Die monetäre Maschine. Eine Kritik der finanziellen Vernunft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Aaron Sahr zeigt in seinem Buch, wie Geld gesellschaftlich weiterhin zu einer unpolitischen Technologie verklärt wird — mit Folgen: Seit Jahrzehnten wachsen die Geldvorräte viel schneller als die Wirtschaft. Trotzdem mangelt es an Mitteln für produktive Investitionen und öffentliche Güter. Sahr fragt: Könnte es sein, dass diese Zahlungsschwierigkeiten kein Schicksal sind, sondern auf einem eklatanten Missverständnis beruhen? Er zeigt, dass Geld keine unschuldige Technologie für den Betrieb von Märkten ist, sondern eine politische Institution. Er begreift Wirtschaft als legitimen Verschuldungszusammenhang und benennt die Betriebsprobleme der »monetären Maschine«: Vollständig privatisiert, produziert Geld Reichtum für wenige statt Wohlstand für alle, womit es sich selbst und die ökologischen und sozialen Gefüge destabilisiert. Sahrs Untersuchung ist daher auch ein Plädoyer für eine Vergesellschaftung der modernen Geldmaschine.
Der Wirtschaftssoziologe Aaron Sahr leitet am Hamburger Institut für Sozialforschung die Forschungsgruppe »Monetäre Souveränität« und forscht als Gastprofessor der Leuphana Universität Lüneburg am Zentrum für Theorie und Geschichte der Moderne.
Wozu das alles? Eine philosophische Reise zum Sinn des Lebens
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die meisten Menschen stehen im Laufe ihres Lebens vor Sinnfragen – bei Begegnungen mit dem Tod, dem Schicksal, in Krisenzeiten wie der Pandemie oder am Arbeitsplatz: Wozu das alles? Was ist wirklich wertvoll und was macht ein gutes Leben aus? Während Sinnangebote an jeder Ecke aus dem Boden sprießen, wird es immer schwieriger, darin Orientierung zu finden und Fundiertes von Sinnmärchen zu unterscheiden. Christian Uhle zeigt, wie die Philosophie dazu als Kompass dienen kann. Auf der Suche nach Sinn und Orientierung liefert er philosophische Antworten auf ganz große Fragen und entwickelt Christian Uhle neue Perspektiven auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und bringt dazu aktuelle Erkenntnisse aus Philosophie, Psychologie und Soziologie zusammen. Sein Fazit: Sinn ist möglich.
Christian Uhle studierte Philosophie, Physik und VWL in Münster und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am privaten Institut für ökologische Wirtschaftsforschung in Berlin.
Metropolen. Die Weltgeschichte der Menschheit in den Städten
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Historiker Ben Wilson spannt einen weiten Bogen von der Urgeschichte in die Zukunft, um die Frage zu beantworten: Wie kommt es, dass heute die Hälfte der Menschheit in Städten lebt? Seine Reise beginnt 4.000 v. Chr. in Uruk, verläuft über die Zentren der antiken Welt, führt u. a. über Bagdad nach London und New York und endet in Los Angeles und Lagos, einer Mega-City der Zukunft. Jede Stadt steht für einen bestimmten Aspekt, Lübeck etwa für Handel, Warschau für Zerstörung durch Krieg. Wilson erzählt vom Alltag der Menschen in der Stadt, vom Glanz der Villen und Boulevards, aber auch vom Schmutz und Elend: So beschreibt er das Treiben auf den Straßen und in den Slums, erzählt von Seuchen und den ersten Wolkenkratzern, von der Industrialisierung und den Techparks des 21. Jahrhunderts. Denn Städte verheißen Schutz, Wohlstand, Arbeit, Vergnügung, Fortschritt und Konsum — und ziehen so Milliarden Menschen an. So zeigt Ben Wilson: Auch die Zukunft der Menschheit liegt in der Stadt.
Verbundenheit. Das starke Gefühl, das uns glücklich und gesund macht
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Mensch ist ein soziales Wesen und benötigt daher den Kontakt zu anderen. Doch ein Drittel der Menschen in den Industrieländern leidet unter Einsamkeit. Da dieses Gefühl chronischen Stress auslöst, hat dies massiven negativen Einfluss auf unsere Gesundheit und Lebensqualität. Wenn die Bedrohung durch das Coronavirus nachgelassen hat, müssen wir teilweise wieder neu lernen, unbeschwert mit anderen zusammen zu sein. Dafür braucht es Vertrauen und die Bereitschaft, sich auch körperlich wieder nahezukommen. Bettina Pause beleuchtet die Heilsamkeit von körperlicher und seelischer Verbundenheit in ihren psychologischen, biologischen und evolutionstheoretischen Aspekten und führt in wissenschaftliche Zusammenhänge und Erkenntnisse aus der bisher noch relativ unbekannten Forschung der Sozialen Neurowissenschaften ein, wo sich Lösungen für die drängenden Probleme der Zukunft finden könnten.
Bettina Pause promovierte in Psychologie und leitet heute die Abteilung für Biologische und Sozialpsychologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Psychologie des Geruchs und der sozialen Kommunikation.
Pause, Bettina | Seul, Michaela
Die Evolution des Wissens. Eine Neubestimmung der Wissenschaft für das Anthropozän
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Dieses Buch erzählt in sechzehn Kapiteln die Wissensgeschichte der Menschheit. Anhand von Schlüsselepisoden aus der Entwicklung von Wissenschaft und Technik, von der Erfindung der Schrift über die frühneuzeitliche wissenschaftliche Revolution bis hin zu Industrialisierung und Digitalisierung, analysiert Jürgen Renn, wie Wissen entsteht und sich verändert, wie es sich seit Jahrtausenden global verbreitet und auf welche Weise Wissensökonomien und die Gesellschaften, in die sie eingebettet sind, sich wechselseitig beeinflussen. Renn entwickelt einen neuen Rahmen für das Verständnis der Wissenschaftsgeschichte als Teil jener kulturellen Evolution, die dem Planeten ihren Stempel aufgedrückt hat. Der weite Blick zurück, den Renn wirft, soll auch den Blick für die komplexen Herausforderungen, mit denen wir aktuell konfrontiert sind, schärfen.
Jürgen Renn ist Direktor am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, sowie Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Geoanthropologie, das derzeit in Jena entsteht. Er hat u. a. in Wien, Paris und Tel Aviv sowie an der ETH Zürich und dem California Institute of Technology gelehrt und geforscht.
Wunschland. Von irdischen Utopien zu Weltraumkolonien. Eine Reise in die Zukunft unserer Gesellschaft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Immer wieder erprobt die Menschheit das Leben in »idealen« Welten. Von anarchistischen Reformkommunen, Smart Cities oder geplanten Unterwasserstädten und Kolonien auf dem Mond: Es finden sich immer soziale und technologische Utopien, die das Potenzial haben, die Welt zu verändern. Stefan Selke zeigt anhand zahlreicher Inneneinsichten in real-utopische Projekte, welche gesellschaftlichen Transformationen es bislang gab und welche künftig zu erwarten sind: Techno-Propheten, die an Exit-Strategien für die Erde basteln, schwimmende Mikronationen in internationalen Gewässern, Roboterstaaten mit eigener Gesetzgebung oder von Künstlicher Intelligenz gesteuerte Projekte zeugen vom Wettstreit zwischen sozialen und technologischen Innovationen. Stefan Selke liefert einen Werkstattbericht aus dem Labor der Menschheit und blickt zugleich zurück auf erprobte utopische Projekte. So ist dieses Buch auch ein Appell für einen radikalen Perspektivwechsel auf kooperative planetarische Gestaltungsstrategien.
Stefan Selke wechselte landete nach einem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in die Soziologie und ist nun Professor für »Gesellschaftlichen Wandel« an der Hochschule Furtwangen und ist zudem als Redner und Blogger auch außerhalb der Wissenschaft aktiv.
Der verkannte Mensch. Ein neuer Blick auf Leben, Liebe und Kunst der Neandertaler
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die britische Archäologin Rebecca Wragg Sykes hat aktuelle Forschungsergebnisse über die Neandertaler ausgewertet und wagt mit diesem Buch einen neuen Blick auf das Leben unserer unterschätzten Verwandten: Gewalttätige Muskelprotze, die in eisiger Einöde ein trostloses Leben fristeten — dieses Bild vom unkultivierten Urmenschen hält sich in unseren Köpfen. Wragg Sykes dagegen zeichnet das Bild der Neandertaler als kluge Kenner ihrer Welt – technologisch erfinderisch, ökologisch anpassungsfähig, ausgestattet mit einem ästhetischen Sinn und hoch entwickelten sozialen Fähigkeiten. Ihre unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den alten Verwandten der Menschen, die über 300.000 Jahre lang auf dieser Welt lebten und dabei extremen klimatischen Umwälzungen trotzten, liest sich im Zeitalter von Pandemien und Umweltkatastrophen sehr aktuell.
Rebecca Wragg Sykes studierte in Bristol und Southampton und promovierte in Sheffield über Spätneandertaler im heute britischen Raum. Es folgte ein Postdoktorat in Bordeaux, wo sie derzeit — wie auch an der Universität Liverpool — Forschungsstipendiatin ist.
The Quartet. Wie vier Frauen die Philosophie zurück ins Leben brachten
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Geschichte der europäischen Philosophie ist die Geschichte der Gedanken von Männern, die ihre Theorien großteils weit weg von den praktischen und mitunter chaotischen Anforderungen der alltäglichen Realität schrieben. Das vorliegende Buch setzt dem die bisher unbekannte Geschichte der vier Philosophinnen Elizabeth Amscombe, Philippa Foot, Mary Midgley und Iris Murdoch entgegen: Als die männlichen Professoren und Studenten während des Zweiten Weltkriegs eingezogen wurden, bekamen die vier Studentinnen Unterricht von Frauen, Kriegsdienstverweigerern und geflüchteten Wissenschaftlern. In diesem Umfeld entwickelten sie eine neue Philosophie des Lebens, der Liebe und der Schönheit als Gegenmittel zum technischen, szientistischen und skeptischen Zeitgeist. Die vier jungen Philosophinnen entwickeln eine neue Philosophie, in deren Zentrum der Mensch als ein »metaphysisches Lebewesen« steht. Nach dem Krieg geriet dieses Quartett in Vergessenheit — und damit einmal mehr, welchen Beitrag auch schon früher Frauen zur Philosophiegeschichte leisteten.
Clare Mac Cumhaill promovierte in Edinburgh und ist Assistenzprofessorin für Philosophie an der Universität Durham. Zusammen mit Rachael Wiseman leitet sie das Projekt »In Parenthesis«, das die Philosophie von Elizabeth Anscombe, Philippa Foot, Mary Midgley und Iris Murdoch erforscht. Rachael Wiseman studierte in London und York sowie als Fellow in Durham. Derzeit ist sie am Institut für Philosophie der Universität Liverpool tätig. Zudem ist sie Redakteurin des British Journal for the History of Philosophy.
Mac Cumhaill, Clare | Wiseman, Rachael
Afrikanische Europäer. Eine unerzählte Geschichte
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Mit der Geschichte Schwarzer Menschen auf dem europäischen Kontinent wird sich bislang noch wenig auseinandergesetzt. Olivette Otele hat nun deren lange verdrängte Rolle in der europäischen Geschichte untersucht. Sie erzählt von Personenschicksalen und Schauplätzen der Begegnung, vom engen Austausch zwischen Afrika und Europa, der mit den römischen Expansionsbewegungen begann und im historischen Verlauf heute oftmals vergessene Schwarze Heilige, Herrscher und Intellektuelle hervorbrachte. Auf diese Weise wird sichtbar, was bei der der mitnichten immer gleichbleibenden Unterdrückung Schwarzer Menschen stets Konjunktur hatte: der Terror der Sklaverei, Schwarze Körperlichkeit und ihre Exotisierung, ebenso aber auch die Schwarzen Widerstandsbewegungen und Bruderschaften, die für ihre Freiheit kämpften und Vorbilder für die Proteste der heutigen Zeit sind. Otele zeichnet das Bild eines immer schon »afrikanischen« Europas, das nötig ist, um die Auseinandersetzungen der Gegenwart und der Zukunft zu verstehen.
Olivette Otele studierte an der Pariser Sorbonne und ist heute Professorin für die Geschichte der Sklaverei an der Universität Bristol. Sie ist die erste Woman of Colour überhaupt, die in Großbritannien eine Geschichtsprofessur bekleidet. Zudem amtiert sie als Vizepräsidentin der Royal Historical Society.
Österreich und der Kalte Krieg. Ein Balanceakt zwischen Ost und West
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Kalte Krieg dauerte fast ein halbes Jahrhundert. Als sich der Eiserne Vorhang über Europa senkte, richteten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, auf eine längere Besatzung Österreich ein –so bestand auch für Österreich die Gefahr der Teilung. So wurde Österreich zu einem Hauptschauplatz des Ost- West-Konflikts und damit auch ein Tummelplatz der Geheimdienste. Auch der Propagandakrieg zwischen Ost und West tobte im Land. Österreich zitterte vor der Atombombe und grenzte auf über tausend Kilometern an kommunistische Diktaturen. Als neutraler Staat spielte Österreich jedoch eine bedeutende Rolle als Vermittler, Brückenbauer und Verhandlungsort. So begann für Österreich ebenfalls 1989 eine neue Ära. Bischof und Ruggenthaler erzählen die Geschichte der österreichischen Außenpolitik seit 1945 und räumen mit manchem Mythos auf: So war die Neutralität nie Staatsräson, sondern in jedem Jahrzehnt Gegenstand eines internen und externen Tauziehens.
Günter Bischof leitet das Österreichzentrum an der Universität von New Orleans. Er studierte in Innsbruck, Wien und New Orleans Englisch und Geschichte und promovierte an der Harvard Universität. Peter Ruggenthaler ist stellvertretender Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung Graz – Wien – Raabs. Nach dem Studium in Graz und St. Petersburg habilitierte er sich über das Neutralitätskonzept in Stalins Außenpolitik.
Bischof, Günter | Ruggenthaler, Peter
Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Menschheitsgeschichtlich steht die Sensibilisierung für Fortschritt: Menschen schützen sich wechselseitig in ihrer Verletzlichkeit, werden empfänglicher für eigene und fremde Gefühle, lernen, sich in fremde Schicksale hineinzuversetzen und mit anderen zu solidarisieren. Doch diese Entwicklung hat eine Kehrseite: Anstatt uns zu verbinden, zersplittert die Sensibilität die Gesellschaft. Erleben wir gerade den Kipppunkt fortschreitender Sensibilisierung? Svenja Flaßpöhler erzählt die Geschichte des sensiblen Selbst aus philosophischer Perspektive, beleuchtet die zentralen Streitfragen der Zeit und arbeitet den Grund für die prekäre Schieflage heraus: Weil die Widerstandskraft bis heute mit kalter Verpanzerung assoziiert wird, gilt sie als Feindin der Sensibilität. Aber stimmt das? „Sensibel“ ist ein hochaktuelles, philosophisches und gleichzeitig unterhaltsames Buch, das die Sensibilität dialektisch durchleuchtet und zu dem Schluss kommt: Die Resilienz ist die Schwester der Sensibilität. Die Zukunft meistern können sie nur gemeinsam.
Die Bekehrung der Welt. Eine Geschichte der christlichen Mission in der Neuzeit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
„Machet zu Jüngern alle Völker!“ Das Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen bescherte dem „Missionsbefehl“ Jesu eine völlig neue Schubkraft. Der Religionshistoriker Bernhard Maier beschreibt eindrucksvoll, wie christliche Missionare von der spanischen Conquista über die Zeit der Kolonialreiche bis zur Entkolonialisierung Kulturen und Religionen auf der ganzen Welt transformierten – und nicht zuletzt auch das Christentum selbst. Seine souveräne Geschichte der weltweiten Mission bietet einen einzigartigen Schlüssel, um die Globalisierung der Kulturen in der Neuzeit besser zu verstehen.
Bernhard Maier zeigt, wie Missionare die Unterwerfung der Welt moralisch flankierten, doch dabei bald an Grenzen stießen. Erzwungene Bekehrungen waren selten nachhaltig. Man musste die Sprachen der Heiden erlernen, die Frohe Botschaft übersetzen, Mythen und Rituale christlich deuten, Schulen gründen, medizinische Versorgung bieten, ja, wenn nötig die anvertrauten Völker paternalistisch auch gegen die eigene Kolonialmacht in Schutz nehmen. So änderten sich mit der Mission auch die Religionen in den Missionsgebieten, die christliche Muster übernahmen und teils selbst missionarisch wurden, während viele Missionare einen neuen Sinn für Spiritualität und Ganzheitlichkeit mit nach Hause brachten. Mit diesem anschaulich geschriebenen Buch liegt erstmals eine Gesamtdarstellung der neuzeitlichen Mission auf dem aktuellen Forschungsstand vor.
Bernhard Maier lehrt Allgemeine Religionswissenschaft und Europäische Religionsgeschichte an der Universität Tübingen.
Herrschaft. Die Entstehung des Westens
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Bischof von Oxford weigerte sich einst in Erwägung zu ziehen, er könne von einem Affen abstammen. Genauso weigern sich heute viele im Westen in Erwägung zu ziehen, ihre Werte oder sogar ihr fehlender Glaube könnten christlichen Ursprung haben. Laut Tom Holland sind trotz vermeintlich universeller Wertesysteme überall im Westen Elemente und Einflüsse des Christentums zu finden, moderne westliche Gesellschaften sind nach wie vor von christlichen Vorstellungen und Voraussetzungen geprägt. Das rührt von historischen Ereignissen her, die den Westen zu dem machten, was er heute ist. Holland untersucht, weshalb das Christentum so subversiv und revolutionär wurde. Er schildert die Geschichte des Westens über große zeitliche Distanzen hinweg, von den Anfängen des Christentums, über seine Ausbreitung bis hin zu seiner Verwandlung in der Moderne.
Tom Holland studierte in Cambridge und Oxford Geschichte und Literaturwissenschaft. Er ist Bestsellerautor für Fiction und Historische Bücher und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten.
Arab. 3000 Jahre arabische Geschichte
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Gibt es „die“ Araber? Tim Mackintosh-Smith folgt ihren Spuren. In Sanaa im Jemen auf der arabischen Halbinsel lebend und schreibend, werden ihm die aktuellen Ereignisse selbst historisch, während er die Geschichte der arabischen Welt verfolgt. Dabei beginnt er im 9. Jahrhundert v. Chr. bei den nomadischen Stämmen und ihrer Rolle. In vorislamischer Zeit waren Literatur und Kultur vor allem mündlich. Als der Koran, das erste arabische Buch, im 7. Jh. erschien, vereinte es die Araber in rasantem Tempo und befeuerte eine Welle der Expansion. Keine 300 Jahre später war die arabische Herrschaft nur noch eine bittersüße Erinnerung, und während der nächsten tausend Jahre waren die Araber mit wenigen Ausnahmen untereinander zerstritten und wurden von Türken, Persern, Berbern und Europäern regiert. Der arabische Frühling und das darauffolgende Chaos haben gezeigt, wie Worte – Parolen und Propaganda, leise Wahrheiten und laute Lügen – den Kurs der arabischen Welt bis heute bestimmen.
Tim Mackintosh-Smith ist ein renommierter Arabist, Übersetzer und freier Autor und gilt als einer der zwölf besten Reiseschriftsteller der letzten hundert Jahre. Er studierte an der Oxford University und lebt in Sanaa, der jemenitischen Hauptstadt.
Sie nannten es Arbeit. Eine andere Geschichte der Menschheit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Jäger und Sammler arbeiteten selten mehr als 15 Stunden pro Woche, waren trotzdem wohlgenährt, verbrachten viel Zeit damit sich zu regenerieren und Hobbys nachzugehen und hatten eine höhere Lebenserwartung als die meisten Ackerbau-Gesellschaften. Sie lagerten und horteten Nahrungsmittel, hatten kaum Interesse Status oder Vermögen zu erwerben und begnügten sich mit wenigen materiellen Bedürfnissen, für deren Stillung mehr Stunden Arbeit nicht nötig waren. Sie unterschieden sich in ihrer Beziehung zu Arbeit also fundamental von unserem heutigen Denken. Was damals für das Überleben notwendig war, ist es in unserer heutigen Überflussgesellschaft längst nicht mehr. Obwohl so viel produziert wird wie noch nie und trotz unglaublicher Fortschritte in Technik, wird unser Leben von Arbeit dominiert. Regierungen pochen weiterhin auf Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung und in Japan oder Südkorea etwa sterben hunderte Menschen aufgrund arbeitsbedingter Erschöpfung. Arbeit bestimmt, wer wir sind, mit wem wir unsere Zeit verbringen, welche Zukunftsaussichten wir haben, unser Selbstwertgefühl und unsere Wertvorstellungen. James Suzman erzählt die Geschichte der Arbeit von der Steinzeit bis zur Gegenwart und zeichnet Alternativen, in denen unser Leben und unser Planet nicht mehr durch Arbeit ausgesaugt werden.
James Suzman ist Sozialanthropologe und Direktor des anthropologischen Thinktanks Anthropos und Fellow am Robinson College der Cambridge University.
Verfluchte Götter. Die Geschichte der Blasphemie
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die weltweite Empörung über die Mohammed-Karikaturen und der Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“ 2015 haben deutlich gemacht: Gotteslästerung ist kein Relikt der Inquisition, sie ist heute aktueller als vor hundert Jahren. Wer herabsetzt, was für andere heilig ist, muss mit heftigen Reaktionen rechnen. Und wer sich gegen blasphemische „Hassreden“ wehrt, kann viele Anhänger mobilisieren.
Gerd Schwerhoff erklärt, warum Menschen seit mehr als 2000 Jahren Gott, Propheten oder Heilige beleidigen. Und warum diese Worte und Taten die Gemüter so sehr erregen. Fast immer werden die „da oben“ von denen „unten“ geschmäht. Es geht um Ohnmacht und Wut, gegen die Herrschenden, gegen einen scheinbar gleichgültigen Gott oder gegen andere Religionen. Die Grenze zwischen Spott und Beleidigung ist fließend, die Schmähung ist immer Teil eines größeren Konflikts – und sie kann in extreme Gewalt münden.
Ein großer, souverän erzählter Bogen von der Antike über Mittelalter und frühe Neuzeit bis zur Aufklärung und den aktuellen Konfrontationen im Spannungsfeld zwischen Christentum, Laizismus und Islam.
Gerd Schwerhoff ist Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Technischen Universität Dresden. Seine Bücher handeln von den Randfiguren der frühneuzeitlichen Gesellschaft – Kriminellen, Hexen oder Ketzern.
Sisis Weg. Vom Mädchen zur Frau – Kaiserin Elisabeths erste Jahre am Wiener Hof
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Kaiserin Elisabeth gehört zweifelsfrei zu den bekanntesten Frauen der Geschichte. Längst ist Sisi zum Mythos geworden. Doch was wissen wir wirklich über ihr Leben? Wie sah ihr Alltag aus? Wie ihre Kindheit? Welche gesellschaftlichen Normen und Ideale beeinflussten ihr Fühlen, Denken und Handeln? Und wie unterschied sie sich von anderen Frauen ihres Standes? Erstmals wird Kaiserin Elisabeths Leben aus der Perspektive ihres Alltags betrachtet, durch die Analyse unveröffentlichter Originalquellen schließt die Autorin Lücken in der Elisabeth-Forschung. Überzeugend und detailgetreu zeigt die Autorin in dieser Biografie eine neue Seite der legendären österreichischen Kaiserin: die private Sisi vor dem Hintergrund des 19. Jahrhunderts.
Martina Winkelhofer ist Dr. phil. für Geschichte und Kunstgeschichte und Expertin für die Geschichte der Habsburgermonarchie und die Familiengeschichte europäischer Herrscherhäuser. Für die „Kronen Zeitung“ verfasst sie seit 2012 wöchentlich eine zweiseitige Geschichtskolumne, seit 2015 konzipiert und gestaltet sie auch Spezialmagazine zu verschiedensten historischen Themen.
Bedrohte Bücher. Eine Geschichte der Zerstörung und Bewahrung des Wissens
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
„Wenn Unternehmen wie Google Milliarden Buchseiten digitalisieren und online verfügbar machen und wenn Firmen wie Flickr kostenlos Speicherkapazitäten im Internet bereitstellen,
welchen Zweck erfüllen dann noch Bibliotheken?“ Eine Frage, die sich Richard Ovenden stellt, während er uns durch die Geschichte der Angriffe auf Bücher, Bibliotheken und Archive führt. Am 10. Mai 1933 wurden in Deutschland tausende Bücher jüdischer und „undeutscher“ Schriftsteller verbrannt – ein Vorgeschmack auf den Angriff auf das Wissen des nationalsozialistischen Regimes.
Die in diesem Buch aufgerollte Kulturgeschichte reicht von fragilen Tontafeln aus Mesopotamien bis zu unserer digitalen Gegenwart und den neuartigen Gefahren, die diese mit sich bringt. Richard Ovenden verdeutlicht auf fesselnde Weise, dass wir unsere Zivilisation selbst aufs Spiel setzen, wenn wir die Bewahrung unseres Wissen vernachlässigen.
Richard Ovenden hat einen Lehrstuhl am Balliol College der Universität Oxford inne. Er ist Mitglied der Londoner Gesellschaft für Altertumswissenschaftler, der Royal Society of Arts und der American Philosophical Society. Seit 2014 steht er als 25. Bodley's Librarian einer der ältesten Bibliotheken Europas vor.
Österreichs Kreuzzüge. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Bis weit ins 13. Jahrhundert hinein machten sich immer wieder riesige christliche Heerscharen aus Europa auf den Weg und legten tausende Kilometer zurück, um in den Orient zu gelangen. Die Kreuzzüge forderten unzählige Todesopfer, trotzdem nahmen zahlreiche Menschen weiterhin die Reise auf sich. Dazu gehörten auch die Babenberger, die in nahezu allen großen europäischen Kreuzzügen aktiv waren. Ihren Einzug in die Kreuzzüge vollzog 1101 die Markgräfin Ida, obwohl sie eine Frau und adelig war. Allerdings verschwand sie schließlich spurlos in Kleinasien und kam vermutlich gewaltsam ums Leben.
Dieses Buch befasst sich mit der Teilnahme der österreichischen Markgrafen- und Herzogsdynastie an den Kreuzzügen und beleuchtet die individuellen Beweggründe der Fürsten teilzunehmen, die Umstände, unter denen die Unternehmungen stattfanden und die damit verbundenen politischen Konsequenzen.
Robert-Tarek Fischer ist promovierter Historiker. Er verfasste mehrere Publikationen zur Geschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie zur Geschichte des 12. Jahrhunderts.
Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Ungleichheit wird immer größer, womöglich ist sie mittlerweile wieder so groß wie zuletzt vor der Französischen Revolution – und das in Ländern, die sich Demokratien nennen. Ein Prozent der Menschen weltweit hält 27% des neuen Vermögens, das ist mehr als doppelt so viel wie 50% der Weltbevölkerung, zusammen. Es besteht also eine Herrschaft von Eliten – doch wie wird deren Vermögen überhaupt erzeugt? Wie entsteht Vermögen, das automatisch mehr Reichtum schafft?
Laut Katharina Pistor ist Kapital rechtlich codiert. Jedes Gut, also jedes Objekt, jeder Anspruch, jede Idee kann in Kapital umgewandelt werden – welcher Vermögenswert mit der Fähigkeit ausgestattet wird, privaten Reichtum zu schützen oder zu produzieren, wird selektiv entschieden. Die Autorin versucht in ihrem Buch, für Laien verständliche Sprache zu wählen und will aufzeigen, wie Kapital geschaffen, von wem die Codes dazu gestaltet werden und was die maßgebende Gründe für die wachsende Ungleichheit unserer Gesellschaft sind.
Katharina Pistor ist Professorin of Comparative Law und Direktorin des Center on Global Legal Transformation an der Law School der Columbia University in New York. Für ihre Forschungen wurde sie vielfach ausgezeichnet.
Die pinke Linie. Weltweite Kämpfe um sexuelle Selbstbestimmung und Geschlechtsidentität
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Es gibt nicht nur eine Art auf dieser Welt zu sein. Es gibt mehr als Frau und Mann, die tradierte binäre Geschlechtervorstellung sollte längst überwunden sein. Die Debatte um Geschlechtsidentitäten eröffnet Themenfelder wie die Sinnhaftigkeit von Geschlechtertrennung in Toiletten, die heteronormativ geprägte Sprache und wie man sie auch für andere Lebensformen abseits von Frau und Mann öffnen kann, Diskriminierung von Menschen, die binäre Zuordnungen hinterfragen oder ablehnen und viele mehr. Mark Gevisser beschreibt in seinem Buch eine globale Parallelentwicklung: Während gleichgeschlechtliche Ehen oder Geschlechtsangleichungen an verschiedenen Orten der Welt immer mehr Zuspruch und Akzeptanz finden, werden anderenorts nach wie vor etwaige Abweichungen von der heterosexuellen Geschlechterordnung verurteilt, verboten oder bestraft und damit kriminalisiert.
Der Autor hat mit von Diskriminierung betroffenen Menschen in Kenia, Ägypten und den USA gesprochen und beschreibt, wie sie und Aktivist/innen gegen tradierte Geschlechternormen ankämpfen. Gevisser liefert mit seinem Buch einen faktenreichen, bewegenden Beitrag zu einem der bestimmenden Themen unserer Gegenwart.
Mark Gevisser ist Journalist, Sach- und Drehbuchautor. Er schreibt regelmäßig für internationale Zeitungen und Zeitschriften wie The Guardian oder The New York Times.
Das unendliche Meer. Die große Weltgeschichte der Ozeane
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
David Abulafia, bis zu seiner Emeritierung 2017 Ordinarius für Mittelalterliche Geschichte und ausgewiesener Mittelmeer-Experte an der University of Cambridge/England, legt ein monumentales, enorm lebendiges wie beeindruckend ausgreifendes und staunenswert multidisziplinäres Buch vor. Es ist sein Opus Maximum, ein elegantes Lebenswerk, eine glänzend geschriebene Mischung von Makro- und Mikrohistorien, langfristigen Rahmenbedingungen und Prozessen und jähen Brüchen. Zahllose eingestreute Vignetten und detaillierte Miniaturdarstellungen verzahnen die Darstellung, die von den maritimen Unternehmungen des chinesischen Admirals Zheng He bis zu den intensiven Handelsaktivitäten muslimischer und jüdischer Kaufleute, von der Antike zu asiatischen Piraten und den Aborigines in Australien, von Seefahrerabenteurern bis zu EU-Fischereikommissaren und UN-Klimaberichten reicht. 2020 wurde ihm in Großbritannien hierfür als bestes historisches Buch des Jahres der renommierte Wolfson History Prize verliehen.
Wie das Christentum entstand. Eine Geschichte mit Brüchen
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
„Jesus war der erste Christ!“ – dass dieser Satz Unsinn ist, ist selbst in kirchlichen Kreisen nicht immer unmittelbar klar. Jesus war Jude und blieb es bis zu seinem Tod. Und auch die ersten Anhänger der Jesusbewegung waren Juden und blieben es. Wie aber entstand aus einer innerjüdischen Bewegung das Christentum? Und warum bestimmte dieses seine Identität sofort antijüdisch? Klaus Wengst erzählt die Geschichte einer neuen religiösen Bewegung im pluralen Panorama des Römischen Reiches. Eine Geschichte voller Eifer und Enthusiasmus, Konflikt und Leidenschaft – spannend, überraschend und erhellend.
Klaus Wengst studierte evangelische Theologie. 1991 war er im Zuge eines Studienaufenthalts an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag und des Evangelischen Studienkreises Kirche und Israel in Rheinland und Westfalen.
Sag nie, es gäbe nur den Tod für uns. Die vergessene Geschichte jüdischer Freiheitskämpferinnen
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Auf der Suche nach Informationen über die jüdische Widerstandskämpferin Hannah Szenes stößt Judy Batalion auf einen ungewöhnlichen Band mit Geschichten jüdischer Frauen. Die „Ghetto-Girls“ leisteten im Zweiten Weltkrieg - überwiegend aus polnischen Ghettos heraus - Widerstand gegen die Nazis, indem sie beispielsweise mit ihnen flirteten und sie gefügig machten, gefälschte Papiere verteilten, Kranken halfen, Kinder unterrichteten, Spionagemissionen für Moskau durchführten und generell den Großteil der Verwaltungsarbeit im Untergrund ausführten. Erst durch die Erzählung bekam Batalion, selbst Jüdin, eine Vorstellung davon, wie viele jüdische Frauen tatsächlich in welchem Ausmaß im Widerstand tätig waren. Diese Entdeckung will sie mit ihrem Buch an uns weitergeben, im Zentrum ihrer Erzählungen steht die Polin Renia Kukielka, die ständig riskierte für den Widerstand zu sterben.
Judy Batalion studierte Wissenschaftsgeschichte in Harvard und promovierte in Kunstgeschichte an der University of London. Danach arbeitete sie als Kuratorin und Komikerin in London, bevor sie sich in New York City niederließ.
Die Epistemisierung des Politischen
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Heutzutage gehört Wissen zu den zentralen Ressourcen und ist, auch durch seine Stabilisierungswirkung, oft wichtiger als Arbeit, Kapital oder Bodenschätze. Man kann unsere heutige Gesellschaft deshalb auch als Wissensgesellschaft bezeichnen. In der Wirtschaft braucht es Wissen für Innovationen, in der Wissenschaft geht es generell um die Produktion von neuem Wissen und im Bildungsbereich steht die Vermittlung von Wissen im Vordergrund. Rationale Expertise ist dementsprechend auch in vielen politischen Debatten die wichtigste Entscheidungsinstanz – ob bei der Impfdebatte, der Corona- oder der Klimakrise.
In seinem Buch beleuchtet Alexander Bogner diese Fixierung auf Wissen und ihre Folgen und kommt zu dem Schluss, dass sie gefährlicher für unsere Demokratie ist als Fake News.
Alexander Bogner ist Privatdozent für Soziologie in Wien und Senior Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Ermordung des Professor Schlick. Der Wiener Kreis und die dunklen Jahre der Philosophie
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Wiener Kreis war eine philosophische Gruppierung mit einigen faszinierenden Mitgliedern wie Otto Neurath, Rudolf Carnap oder dem Oberhaupt Moritz Schlick, der 1936 auf dem Weg zu seiner Vorlesung von einem geistig verwirrten Studenten erschossen wurde. Die philosophische Gruppe beeinflusste das Denken des 20. Jahrhunderts maßgeblich, sie kombinierte die moderne Logik mit dem logischen Empirismus, der ab den frühen 30er Jahren zeitweilig die ambitionierteste philosophische Strömung war, die es gab. Neben den Mitgliedern ist auch Wien eine der zentralen Figuren des Buches, da die Gruppierung hier entstand.
Über die Geschichte des Wiener Kreises gibt es nur wenige Texte, unter anderem, da seine Philosophie so komplex ist. Mit seinem Buch will David Edmonds das Interesse an der faszinierenden Gruppierung wiederbeleben und uns die brillanten Denker des Kreises und ihre Bedeutung näherbringen, indem er sie in den Kontext ihrer Zeit stellt.
David Edmonds ist Philosoph und Autor der Bücher „Wittgensteins Poker“ und „Who would kill the fat man?“. Er ist Fellow am Oxford Uehiro Centre for Practical Ethics und arbeitet für die BBC.
Die große Erfindung. Eine Geschichte der Welt in neun geheimnisvollen Schriften
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Vor fünftausend Jahren zeichneten die Sumerer in Mesopotamien Zahlen und Gegenstände auf Tontafeln, um kleine Tauschgeschäfte festzuhalten. Heute kommunizieren wir oft nicht mehr mit Worten, sondern mit Bildern, also beispielsweise Emojis und Memes. Silvia Ferrara berichtet von der größten Erfindung der Menschheit, der Schrift, ohne die wir nur Stimme wären und verbindet dabei Archäologie, Anthropologie und Neurowissenschaft. Die Autorin erzählt von bis heute nicht entzifferten Schriften wie der Linearschrift A, der Rongorongo-Schrift oder der kretischen Hieroglyphe. Außerdem vertritt sie die These, dass Schrift trotz ihrer enormen Bedeutung keine historische Notwendigkeit darstellt – viele Gesellschaften wuchsen und blühten auch ganz ohne Schrift. Die Geschichte der Schrift hat zwar einen Anfang, ihr Ende muss jedoch erst geschrieben werden.
Silvia Ferrara lehrt Klassische und Ägäische Philologie an der Universität Bologna. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf den antiken Schriften der vorgriechischen Zeit.
Al-Aqsa oder Tempelberg. Der ewige Kampf um Jerusalems heilige Stätten
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In den letzten Jahren hat sich der muslimisch-jüdische Konflikt um den Tempelberg dramatisch zugespitzt, man könnte meinen, das Rad der Geschichte drehe sich zurück. Der Komplex aus Felsendom, Al-Aqsa-Moschee und Klagemauer ist wie kaum ein anderer von Besitzansprüchen und gewalttätigen Konflikten gezeichnet und einer der umstrittensten heiligen Orte der Welt. Auf der Grundlage hebräischer und arabischer Quellen berichtet Joseph von der 3000-jährigen Geschichte des Tempelbergs und dem Konflikt darum, der von Gewalt, Aufständen, Pilgerfahrten und Gebeten geprägt und seit dem 19. Jahrhundert immer weiter eskaliert ist.
Joseph Croitoru ist Historiker und Journalist und war lange Autor der Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Neuen Zürcher Zeitung mit den Schwerpunkten Nahost und Osteuropa. Seit 2020/21 schreibt er unter anderem für die FAZ, den Spiegel und taz.
Walzer in Zeiten der Cholera. Eine Seuche verändert die Welt
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In Zeiten der Coronapandemie greift Alexander Bartl in seinem Buch ein brandaktuelles Thema auf. Im Jahr 1873 feiert die Stadt Wien die Weltausstellung, im selben Jahr kollabiert die Wiener Börse, etliche Firmen gehen bankrott, Menschen verlieren ihr Vermögen. Zusätzlich nähert sich über Galizien und Ungarn die Cholera und kommt im Sommer in Wien an. Mit reinem Quellwasser soll die Stadt vor der Epidemie geschützt werden, jedoch gibt es massiven Widerstand – bis die ersten Menschen sterben. Alexander Bartl berichtet über Menschen im Ausnahmezustand und darüber wie Seuchen schlagartig die Gesellschaft verändern.
Alexander Bartl absolvierte in Wien eine Ausbildung an der Ballettschule der Wiener Staatsoper, entschied sich danach allerdings für ein Studium der Film-, Theaterwissenschaft und Publizistik in Mainz und Edinburgh. Als Journalist schrieb er für die Frankfurter Allgemeine, für das österreichische Nachrichtenmagazin Profil und die ELLE sowie für Design- und Architekturmagazine. Bartl arbeitet als Textchef beim Nachrichtenmagazin FOCUS.
Zucker. Eine Geschichte über Macht und Versuchung
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der emeritierte Professor James Walvin erklärt, wie Zucker heute ein so wichtiger Bestandteil unserer Ernährung geworden ist. Denn was früher nur dem Adel vorbehalten war, ist heute auch für uns Standard. Dabei geht es um Macht, Sklaverei und Umweltprobleme, aber auch um Krankheiten wie Karies und Adipositas.
Deutscher Klub. Austro-Nazis in der Hofburg
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Deutsche Klub wurde 1933 zu einem der wichtigsten Treffpunkte für Nationalsozialisten in Österreich. Zwar musste er im Herbst 1939 seine Tätigkeit wieder einstellen, wurde aber 1957 als „Neuer Klub“ von alten Mitgliedern neu gegründet. Linda Erker, Andreas Huber und Klaus Taschwer rekonstruieren in ihrem Buch die lang unterschätzte Bedeutung des Vereins für die politische Entwicklung in Österreich.
Taschwer, Klaus; Huber, Andreas; Erker, Linda
Die Heilsbringer. Eine Globalgeschichte der Religionen im 20. Jahrhundert
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In 47 Porträts stellt der Religionswissenschaftler Michael Stausberg die größten „Heilsbringer“ des 20. Jahrhunderts vor. Darunter sind nicht nur klassische Vertreter wie der Dalai Lama, Mahatma Gandhi oder Martin Luther King, auch die Beatles werden vorgestellt, die die Erlösung durch kosmische Liebe besangen.
Wann sind wir wirklich zufrieden? Überraschende Erkenntnisse zu Arbeit, Liebe, Kindern, Geld
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Martin Schröder, Professor für Soziologie, stellt in seinem neuen Buch die größte Langzeitstudie mit über 600.000 Befragungen zum Thema Zufriedenheit vor. Seit 1984 wurden jährlich knapp 85.000 Teilnehmer zum Thema Zufriedenheit befragt. Mit Hilfe von Grafiken hat Schröder die Antworten im Detail ausgewertet und dabei überraschende Erkenntnisse gewonnen.
Mythos Geschlecht. Eine Weltgeschichte weiblicher Macht und Ohnmacht
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wie sich Mythen und Legenden, Kunst und Wissenschaftstraditionen im Laufe der Geschichte auf den weiblichen Körper ausgewirkt haben, zeigt die Literaturwissenschaftlerin Mineke Schipper in diesem Buch. Die Autorin geht dabei nicht nur dem Ursprung der Ungleichheit auf den Grund, sondern auch skurrilen Geschichten über die jungfräuliche Empfängnis, magische Brüste und die gefürchtete „bezahnte Vagina“.
Vom Ende des Gemeinwohls. Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratien zerreißt
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Philosoph Michael Sandel sieht in unserer Leistungsgesellschaft den Grund für wachsenden Populismus. Das Mantra „Wer hart arbeitet, kann alles erreichen“ glauben wir ohne zu es hinterfragen. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch, dass diejenigen, die scheitern, selbst Schuld daran tragen. Dadurch entstehe populistischer Protest, so Sandel – was auch der Grund dafür sei, dass rechtspopulistische Parteien so erfolgreich sind.
Schirach. Eine Generation zwischen Goethe und Hitler
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In diesem Band bereitet Oliver Rathkolb die Biografie Baldur von Schirachs, 1930 zum Reichsjugendführer ernannt, auf. Der Professor für Zeitgeschichte an der Universität Wien greift hierfür wesentliche Aspekte des Lebens Baldur von Schirachs heraus, der etwa die Hitlerjugend auf die „braune Revolution“ vorbereitete oder den Befehl gab, die jüdische Bevölkerung von Wien in die Todeslager deportieren zu lassen.
Schnappschüsse der Befreiung. Fotografien amerikanischer Soldaten im Frühjahr 1945
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Historiker Peter Pirker und Matthias Breit stellen in diesem Bildband bisher unveröffentlichte Fotografien aus Tirol nach Kriegsende vor. Anfang Mai 1945 besetzte die Cactus-Division Tirol für zwei Monate. Fotografen des Signal Corps dokumentierten dabei unter anderem die Gefechte in Scharnitz, die Übernahme Innsbrucks und die Verhaftung von Hermann Göring in Kitzbühel. Das beeindruckende Ergebnis ihrer Recherche ist nun im Rahmen dieses Bandes zu entdecken.
Pirker, Peter; Breit, Matthias
Von den Deutschen lernen. Wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Frage, wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer eigenen Geschichte umgehen, beschäftigt Susan Neiman in ihrem Buch „Von den Deutschen lernen“. Selbst lebte Neiman, heute Professorin für Philosophie, in den achtziger Jahren in Berlin und erlebte dort, wie sich die Deutschen ernsthaft mit ihren eigenen Verbrechen auseinanderzusetzen begannen.
Burgund. Das verschwundene Reich
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Historiker Bart van Loo erzählt die Geschichte des Reiches Burgund, das sich im 14. und 15. Jahrhundert zwischen Deutschland und Frankreich schob. Das einstige antike Königreich Burgund wurde im Mittelalter zum Herzogtum, bevor es um 1500 unterging. Bart van Loo möchte mit „Burgund“ an das „vergessene Reich“ erinnern.
Hitler – prägende Jahre. Kindheit und Jugend 1889-1914
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Kulturwissenschaftler Christian Rapp und der Historiker Hannes Leidinger haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit ihrem neuen Buch eine Lücke der Geschichtsforschung schließen. Dazu stellen sie Hitlers Familie, sowie seine Kindheit und Jugend im sozialen und kulturellen Kontext dar und untersuchen das gesellschaftliche Umfeld zu Hitlers Zeit in Braunau und seiner ersten Jahre in Wien.
Leidinger, Hannes; Rapp, Christian
Fatum. Das Klima und der Untergang des Römischen Reiches
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Kyle Harper, Professor an der University of Oklahoma und Experte für römische Kulturgeschichte, beschreibt in seinem neuen Buch den Zusammenbruch des römischen Weltreichs anhand neuester Erkenntnisse aus dem Bereich Klimawissenschaft und Genetik. Nicht nur Kaiser und Legionäre entschieden über Aufstieg und Untergang, sondern auch umweltbedingte Faktoren wie Vulkanausbrüche, Viren und Instabilität des Klimas waren hierbei maßgeblich.
Karl Kraus. Der Widersprecher
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Im Alter von nur 25 Jahren gründete Karl Kraus „Die Fackel“. Der laut Elias Canetti als größter und strengster Mann von Wien bekannte Publizist und Schriftsteller wird von Jens Malte Fischer in seiner Biografie umfassend dargestellt. Fischer schreibt über Kraus Persönlichkeit und Werk, seine Freund- und Feindschaften und die Widersprüche seines Lebens.
Feuer der Freiheit. Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten (1933-1943)
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Jahre 1933 bis 1944 waren die dunkelsten der europäischen Moderne. Dennoch – oder gerade deshalb – entwickelten vier Philosophinnen in dieser Zeit ihre visionären Ideen: Simone de Beauvoir, Simone Weil, Ayn Rand und Hannah Arendt. Wolfram Eilenberger, Chefredakteur des „Philosophie Magazins“, porträtiert in seinem neuen Buch das Leben dieser vier Frauen.
Diesseits von Eden. Über den Ursprung der Religion
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Hans Peter Duerr, Professor für Ethnologie und Kulturgeschichte, untersucht in seinem neuen Buch, wie und warum unerklärliche Phänomene religiös gedeutet werden. So werden Mysterien von den Menschen oft als Laune von Geistern und Göttern gedeutet. Für den Autor kennzeichnen diese Erfahrungen mit dem Unbekannten den Beginn der Religion.
Grenzen. Geschichte und Gegenwart
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Alexander Demandt, Althistoriker und Kulturwissenschaftler, erzählt in seinem Buch von den wichtigsten Grenzen der Welt: Ob Mythen über den Ursprung der Welt, Schutzgrenzen wie die chinesische Mauer, oder auch natürliche Grenzen, markiert durch Flüsse oder Gebirge – der Grenzbegriff ist wandelbar. Demandt schlüsselt in „Grenzen“ dessen Vielschichtigkeit gekonnt auf.
Der Fall von Akkon. Der letzte Kampf um das Heilige Land
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Als im Jahr 1291 die Hafenstadt Akkon fällt, bedeutet dies das Ende eines erschaffenen Imperiums der Christenheit. Mithilfe von Augenzeugenberichten und erstmals übersetzten arabischen Berichten, wird die Geschichte des letzten Kampfs für das Heilige Land erzählt. Der erfolgreiche Sachbuchautor Roger Crowely spannt dabei einen Bogen von einem langjährigen christlichen Traum bis zum Fall der Stadt und den Hintergründen des Kampfs.
Bücher, die die Welt veränderten. Die bedeutendsten Werke der Naturwissenschaften von Archimedes bis Stephen Hawking
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Sachbuchautor Brian Clegg stellt in seinem neuen Buch die einflussreichsten Werke der Naturwissenschaften vor. Angefangen bei den alten Griechen und islamischen Gelehrten, über die mittelalterlichen Naturphilosophen, behandelt Clegg die Entwicklungen der Naturwissenschaften bis in die heutige Zeit, aber auch die der Sprache und der Entstehungsgeschichte des Buches.
Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Historiker und Journalist Rutger Bregman stellt provokant in den Raum, dass der Mensch „im Grunde gut“ sei. Folgt man seiner Annahme, so ist es tatsächlich möglich, die Welt neu und optimistischer zu erdenken. Anhand vieler Ideen und neuer Inputs präsentiert der Autor sein Plädoyer gegen den institutionalisierten Pessimismus.
Das Geld. Was es ist, das uns beherrscht
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Philologe und Germanist Eske Bockelmann geht der Frage über die Entstehung des Geldes und seiner Macht nach. Denn entgegen heute gängigen Überzeugungen hat es sich als Tauschmittel in Europa erst im Spätmittelalter durchgesetzt. Der Autor beleuchtet die Unterschiede zum monetären Gemeinwesen und wie die Marktwirtschaft anfing, sich in den Städten durchzusetzen.
Die Zähmung des Menschen. Warum Gewalt uns friedlicher gemacht hat. Eine neue Geschichte der Menschwerdung
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Erfindung der Todesstrafe hat uns zum Menschen gemacht – das ist die aufsehenerregende Theorie des Harvard-Anthropologen und Schimpansenforschers Richard Wrangham. Demnach zähmten sich unsere Vorfahren selbst, indem sie dafür sorgten, dass nur noch diejenigen Gruppenmitglieder sich fortpflanzen konnten, die sozial eingestellt waren. Aggressives Verhalten wurde mit dem Tod bestraft und dadurch aus dem Genpool entfernt. Anhand zahlreicher anthropologischer Studien und seinen eigenen Beobachtungen an Menschenaffen und indigenen Völkern zeigt Wrangham, wie wir im Laufe der Evolution durch die Anwendung tödlicher Gewalt zu den zivilisierten Wesen wurden, die wir heute sind. Er führt uns auch vor Augen, dass diese Entwicklung zugleich den Grundstein für unsere schlimmsten Gräueltaten gelegt hat.
Richard Wrangham ist Professor für biologische Anthropologie an der Harvard University und einer der führenden Primatenforscher. Er wurde bekannt durch seine langjährigen Studien an wild lebenden Schimpansen in Afrika.
Jodelmania. Von den Alpen nach Amerika und darüber hinaus
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wer nach dem Zweiten Weltkrieg im Alpenraum aufwuchs, bekam das Jodeln noch quasi mit der Muttermilch verabreicht. Doch auch im Regenwald von Kamerun, auf dem Balkan, am Polarkreis, in Georgien und den USA wurde und wird es praktiziert.
Das Jodeln entsprang fast überall der gleichen Funktion: Da es lauter tönt als ein normaler Ruf, wurde es ursprünglich zur Kommunikation über größere Entfernungen in unübersichtlichem Gelände benutzt. Christoph Wagner rekonstruiert anhand intensiver Archivforschungen die vielfältigen Verbreitungswege des Jodelns und veranschaulicht die Geschichte seiner Popularisierung. Seit einigen Jahren erfährt das Jodeln durch junge Bands im Umfeld von Jazz, Avantgarde und Neuer Volksmusik ein erstaunliches Revival. „Jodelmania“ spürt auch diesen Tendenzen nach und porträtiert experimentelle Vokalkünstler wie Erika Stucky oder Christian Zehnder, die das Jodeln als Vehikel zur Vernetzung unterschiedlicher Kulturen einsetzen.
Christoph Wagner, freier Musikjournalist, Musikhistoriker, Rundfunk- und Buchautor. Seine Sammlung historischer Fotografien von Musikern aus der ganzen Welt bildet den Fundus des World-Music Picture Archive.
Schattenexistenz. Jüdische U-Boote in Wien 1938-1945
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Sich verstecken – was bedeutet das tatsächlich? Und was bedeutete es für Jüdinnen und Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus, am Leben bedroht, entschieden, unterzutauchen? Wie viele waren sie, wer half ihnen, wie viele überlebten den Naziterror? Welche Auswirkungen hatte das jahrelange Verstecken auf die Psyche der Betroffenen und wie ging man nach dem Ende des Krieges mit den Überlebenden um? Brigitte Ungar-Klein beantwortet diese Fragen in der ersten umfassenden Studie über Verfolgte des NS-Regimes, die in Wien untertauchen konnten. Sie führte zahlreiche Interviews und Gespräche mit Überlebenden und deren Helferinnen und Helfern, den stillen Heldinnen und Helden, und verarbeitete unzählige schriftliche Quellen.
Brigitte Ungar-Klein studierte Geschichte und Germanistik und betreibt wissenschaftliche Forschung zum Thema Zeitgeschichte und Holocaust. Sie war Direktorin des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung in Wien.
Wessen Erinnerung zählt? Koloniale Vergangenheit und Rassismus heute
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Als das Deutsche Reich am 28. Juni 1919 den Vertrag von Versailles unterzeichnete, gingen die überseeischen Kolonien an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs über. Lange vergessen, kehrt die Kolonialperiode in Ländern wie Namibia, Kamerun oder Ruanda in den letzten Jahren in die Erinnerung zurück. Was bedeutet dieses Wiederauftauchen für die Bundesrepublik? Müsste in der „postkolonialen“ Sichtweise nicht auch das deutsche Eroberungsstreben in Richtung Osten eine Rolle spielen? Die neue Erinnerungskultur hat gravierende Auswirkungen für das Selbstverständnis eines Landes, dessen Bevölkerung immer diverser wird. Der lange Schatten der deutschen „Kulturmission“ findet sich heute etwa im Umgang mit der „Schuldenkrise“, mit Migration und Flucht und im alltäglichen Rassismus.
Mark Terkessidis, ist Migrations- und Rassismusforscher in Berlin und Köln.
Digitale Ethik. Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Sarah Spiekermann kritisiert, dass wir zu passiven Empfängern einer entmündigenden Technik degradiert werden und entwickelt eine Ethik für die Technologien der Zukunft – und zugleich ein Plädoyer für Freiheit und Selbstbestimmung im Zeitalter der Digitalisierung: Apps, die unaufgefordert Informationen zuschicken; Autos, die von Google-Rechnern gesteuert werden; Sprachassistenten, die Bestellungen für uns vornehmen – immer mehr Menschen fragen: Was macht die Digitalisierung mit mir und meinem Leben? Spiekermann fordert ein radikales Umdenken: „Wir müssen versuchen, den Wert zu entdecken, der mit Technik geschaffen werden kann. Und das ist nicht Geld, nicht Effizienz, nicht Gewinnmaximierung. Sondern Zufriedenheit, Freundschaft und Wissen.“
Sarah Spiekermann ist Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Für den weltweit größten Ingenieursverband IEEE entwickelt sie den ersten Ethikstandard für Technikentwicklung.
Die Mühlen der Zivilisation. Eine Tiefengeschichte der frühesten Staaten
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wie selbstverständlich gehen wir und auch weite Teile der historischen Forschung davon aus, dass die neolithische Revolution, in deren Verlauf der Mensch seine nomadische Existenz aufgab und zum Ackerbauer und Viehzüchter wurde, ein bedeutender zivilisatorischer Fortschritt war, dessen Früchte wir noch heute genießen. James C. Scott erzählt eine ganz andere Geschichte: Gestützt auf archäologische Befunde, entwickelt er die These, dass die ersten bäuerlichen Staaten aus der Kontrolle über die Reproduktion entstanden und ein hartes Regime der Domestizierung errichteten. Auch die Bürger samt ihren Sklaven und Frauen wurden der Herrschaft dieser frühesten Staaten unterworfen. Sie brachte Strapazen, Epidemien, Ungleichheiten und Kriege mit sich.
James C. Scott ist Sterling Professor of Political Science und Direktor des agrarwissenschaftlichen Programms der Yale University.
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der antike Philosoph Platon verstand unter „Überreichtum“ exzessiven Reichtum, der nicht glücklich mache, weil er nicht tugendhaft sei. Das Thema dieses Buches ist also alt, doch es wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Denn die weltweite Vermögenskonzentration ist enorm und soziale Ungleichheit ein beständiges Problem.
Wie Vermögen verteilt wird, ist keine private Frage. Sie geht alle etwas an. Martin Schürz führt uns die Zahlen vor Augen, erklärt, was problematisch am Überreichtum ist. Gerade Gefühlszuschreibungen sind für die Akzeptanz der Privilegien der Überreichen bedeutsam: Neid und Hass werden vorwiegend den Armen als Laster zugeschrieben, Großzügigkeit und Mitleid den Überreichen als Tugenden. Wer eine gerechte Gesellschaft will, muss zuerst verstehen, wie Vermögenskonzentration wahrgenommen wird.
Martin Schürz, Ökonom und individualpsychologischer Analytiker, ist Lektor an der Wirtschaftsuniversität in Wien.
Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ.
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Nach Kriegsende blieben zahlreiche überzeugte Nationalsozialisten ihrer Gesinnung treu und bewegten sich in einem gemeinsamen sozialen und politischen Erinnerungsmilieu. Viele dieser „Ehemaligen“ organisierten sich bald wieder politisch und vertraten selbstbewusst ihre Agenda. In Österreich formierten sie sich vor allem im Verband der Unabhängigen (VdU) und in der 1956 gegründeten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Margit Reiter zeichnet in ihrer Studie erstmals diesen politischen Formierungsprozess der „Ehemaligen“ nach. Sie zeigt die personellen wie auch ideologischen Kontinuitäten zum Nationalsozialismus in der FPÖ auf und unterzieht die politische Karriere des Parteigründers und vormaligen NS-Funktionärs Anton Reinthaller einer kritischen Analyse.
Margit Reiter arbeitet als Zeithistorikerin in Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Österreich-Israel, Antisemitismus-Antizionismus-Antiamerikanismus sowie die NS-Nachgeschichte, Generation(en) und Gedächtnis.
Codename Brooklyn. Jüdische Agenten im Feindesland. Die Operation Greenup 1945
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Eine Geschichte von Widerstand, Verfolgung und Befreiung. In der Nacht auf den 26. Februar 1945 landen ein holländischer und ein deutscher Jude mit einem Tiroler Wehrmachtsdeserteur per Fallschirm in Tirol. Sie sollen dem US-Geheimdienst Informationen aus der Alpenfestung der Nazis liefern. Frauen aus Oberperfuss helfen ihnen. Die Gestapo foltert und tötet, um sie zu enttarnen. Über zwei Monate entspannt sich ein Drama, das in die kampflose Befreiung Innsbrucks mündet. Das Buch schildert die Beteiligten, die Ereignisse und das Vermächtnis der Geschichte, die Quentin Tarantino zu „Inglourious Basterds“ inspiriert hat.
Peter Pirker ist Historiker und Politikwissenschaftler an der Universität Wien.
Heiliger Zorn. Wie die frühen Christen die Antike zerstörten
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Im Römischen Reich war das religiöse Leben vielfältig – bis unter den ersten christlichen Kaisern alles anders wurde: Mit aller Macht versuchten diese, Andersgläubige zu bekehren, und erwiesen sich dabei nicht nur als extrem intolerant, sondern auch als äußerst gewalttätig. Im ganzen Imperium zertrümmerten sie Tempel und Kultgegenstände, verbrannten Bücher, jagten Philosophen aus den Städten und verfolgten diejenigen, die weiter den alten Göttern opferten. Die britische Altphilologin und Journalistin Catherine Nixey zeichnet ein gänzlich neues und zutiefst erschütterndes Bild der frühen Christen als die wahren Barbaren. Sie enthüllt die Gräueltaten, die hinter dem Triumph des Christentums stecken und mit zum Untergang der Antike führten.
Catherine Nixey hat an der University of Cambridge, Großbritannien, Altphilologie studiert und mehrere Jahre lang unterrichtet, bevor sie in London Journalistin bei der Zeitung The Times wurde.
Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wir glauben, der Siegeszug der digitalen Technik habe innerhalb weniger Jahre alles revolutioniert: unsere Beziehungen, unsere Arbeit und sogar die Funktionsweise demokratischer Wahlen. In seiner neuen Gesellschaftstheorie dreht der Soziologe Armin Nassehi den Spieß um und zeigt jenseits von Panik und Verharmlosung, dass die Digitalisierung nur eine besonders ausgefeilte technische Lösung für ein Problem ist, das sich in modernen Gesellschaften seit jeher stellt: Wie geht die Gesellschaft, wie gehen Unternehmen, Staaten, Verwaltungen, Strafverfolgungsbehörden, aber auch wir selbst mit unsichtbaren Mustern um? Er entwickelt die These, dass bestimmte gesellschaftliche Regelmäßigkeiten, Strukturen und Muster das Material bilden, aus dem die Digitalisierung erst ihr ökonomisches, politisches und wissenschaftliches Kontroll- und Steuerungspotential schöpft. Infolge der Digitalisierung wird die Gesellschaft heute also regelrecht neu entdeckt.
Armin Nassehi ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Furcht und Befreiung. Wie der Zweite Weltkrieg die Menschheit bis heute prägt
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Keith Lowe erkundet die globalen Aus- und Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs auf Nationen, Städte, Familien und Personen bis in die unmittelbare Gegenwart. Die neu entstandene Ordnung brachte zwei Supermächte, die sich in einem neuen, globalen Kalten Krieg gegenüberstanden, hervor. Lowe beschreibt und analysiert eine Epoche der Zeitgeschichte, die von geopolitischem, gesellschaftlichem und ökonomischem Wandel zuvor nie gekannten Ausmaßes geprägt war. Zugleich entlarvt er Mythen und Legenden, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind und zeigt anhand individueller Einzelschicksale, wie Furcht und Freiheit als die beiden Hauptmotive das Leben der einfachen Menschen in der Nachkriegswelt prägten.
Keith Lowe, geboren 1970, ist Historiker und arbeitete 12 Jahre lang als Verlagslektor, seit 10 Jahren ist er Vollzeitschriftsteller.
Diese Wahrheiten. Eine Geschichte der USA
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Jill Lepore erzählt die Geschichte der USA von ihren Anfängen bis zur heutigen Weltmacht in der Krise. Mit neuem Blick fragt sie, ob die fundamentalen „Wahrheiten“ (Thomas Jefferson), auf denen die amerikanische Gesellschaft aufgebaut ist – politische Gleichheit, natürliche Rechte, Volkssouveränität – von der Geschichte bestätigt oder betrogen worden sind. Ihre Antwort verknüpft die Geschichten der amerikanischen Politik, des Rechts, des Journalismus und der Technologien, von den ersten kolonialen Versammlungen bis zu den Internet-Polls der Gegenwart, von der Magna Carta bis zum Patriot Act, von den ersten Druckerpressen bis zu Facebook.
Jill Lepore ist Professorin für amerikanische Geschichte an der Harvard University in Cambridge/USA. Sie hat mehr als ein halbes Dutzend Preise für ihre Bücher erhalten und war Finalistin für den National Book Award und den Pulitzer-Preis.
C.H.Beck (Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung)
Wie die Couch nach Kalkutta kam. Eine Globalgeschichte der frühen Psychoanalyse
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Ende des 19. Jahrhunderts „erfand“ Sigmund Freud in Wien die Psychoanalyse, innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sie sich zu einem globalen Phänomen. Um diese dynamische Entwicklung nachzuvollziehen, befasst sich Uffa Jensen mit drei Metropolen, die neben Wien für die psychoanalytische Bewegung von großer Bedeutung waren: Berlin, London und Kalkutta. Uffa Jensen zeigt, wie Lehre und Behandlungstechnik dort vor dem Hintergrund existierender Therapieformen und lokaler Traditionen angepasst wurden und auf welchen Wegen solche Neuerungen dann wiederum Freud beeinflussten. Er beleuchtet aber auch die politischen und gesellschaftlichen Aspekte der globalen Psychoanalyse.
Uffa Jensen, geboren 1969, lehrt Geschichte an der Technischen Universität Berlin und forscht am dortigen Zentrum für Antisemitismusforschung.
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
„Asozial“, „Bombenwetter“, „entartet“ oder „Kulturschaffende“ - nicht wenige deutsche Begriffe sind im öffentlichen Sprachgebrauch verpönt, weil sie mit der ideologisch und propagandistisch aufgeladenen Rhetorik der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht werden. Trotzdem tauchen sie gelegentlich in unserer Alltagssprache auf. Spätestens aber seit in der aufgeheizten politischen Debatte verstärkt sprachliche Grenzen ausgereizt und Tabus gebrochen werden, stellt sich wieder die Frage, welche Wörter man benutzen darf, ohne an die NS-Ideologie anzuknüpfen. Der Journalist, Historiker und Linguist Matthias Heine setzt sich deshalb mit der Sprache der Nazis auseinander und geht dazu konkret auf etwa 80 Begriffe näher ein. Manche, etwa „Eintopf“, dürften dabei überraschen. Umgekehrt zeigt sich, dass nicht alles in die Nazi-Schublade gehört, was wir dort hineingepackt hätten.
Matthias Heine, arbeitet als Journalist, Historiker und Linguist in Berlin.
Bibliographisches Institut/Duden
Radikalisierungsmaschinen. Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Julia Ebner will Radikalisierung fassbar machen und verfasst einen Erfahrungsbericht, eine Analyse, einen Weckruf. Als Extremismusforscherin stellen sich ihr folgende Fragen: Wie rekrutieren, wie mobilisieren Extremisten ihre Anhänger? Was ist ihre Vision der Zukunft? Mit welchen Mitteln wollen sie diese Vision erreichen? Um Antworten zu finden, schleust sich Ebner ein in zwölf radikale Gruppierungen quer durch das ideologische Spektrum. Sozusagen von der anderen Seite beobachtet sie Planungen terroristischer Anschläge, Desinformationskampagnen, Einschüchterungsaktionen, Wahlmanipulationen. Sie erkennt, Radikalisierung folgt einem klaren Skript: Rekrutierung, Sozialisierung, Kommunikation, Mobilisierung, Angriff.
Julia Ebner, geboren in Wien, forscht am Institute for Strategic Dialogue in London zu Online-Extremismus. Sie arbeitet mit zahlreichen Regierungsorganisationen und Polizeiorganen zusammen, ist Online-Extremismus-Beraterin der UN, NATO und der Weltbank.
Krise. Wie Nationen sich erneuern können
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Jared Diamond zeigt, wie Nationen mit den gegenwärtigen Krisen – Klimawandel, soziale Ungleichheit, gesellschaftliche Polarisierung – erfolgreich umgehen können. Anhand der deutschen Nachkriegsgeschichte, Chiles Umgang mit der Diktatur Pinochets, Japans erzwungener ökonomischer Öffnung 1853 und weiterer historischer Beispiele zeichnet Diamond die Muster nach, wie sich Staaten von tiefgreifenden Erschütterungen erholen. Dabei wird deutlich: Bei der Bewältigung von Krisen sind ähnliche Faktoren entscheidend wie beim Umgang mit individuellen Traumatisierungen: sich eingestehen, dass man in einer Krise steckt; eine ehrliche Bestandsanalyse betreiben, statt sich als Opfer zu stilisieren; die Probleme eingrenzen; Hilfe annehmen und bereit sein, aus Krisen anderer zu lernen. Letztlich gilt es, sich zu verändern, ohne alles infrage zu stellen.
Jared Diamond ist Professor für Geographie an der Universität von Kalifornien in Los Angeles. Für seine Arbeit auf den Gebieten der Anthropologie und Genetik ist er mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Pulitzer-Preis.
Solidarität. Die Zukunft einer großen Idee
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Heinz Budes Reflexionen über die solidarische Existenz liefern Antworten auf die soziale Frage unserer Zeit. Solidarität war einmal ein starkes Wort. Es geriet in Verruf, als jeder für sein Glück und seine Not selbst verantwortlich gemacht wurde. Heute ist die Gesellschaft tiefer denn je zwischen Arm und Reich gespalten. Natürlich gibt es ein Sozialsystem, das einen Ausgleich bewirkt. Dazu fordert Bude aber ein neues Verständnis von Solidarität. Wir sollten uns nicht damit begnügen, materielle Not zu lindern, sondern im anderen uns selbst als Mensch wiedererkennen. Erst durch diese freie Entscheidung zur Mitmenschlichkeit findet eine Gesellschaft wieder zusammen.
Heinz Bude, ist Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel. 1997-2015 leitete er den Bereich „Die Gesellschaft der Bundesrepublik“ am Hamburger Institut für Sozialforschung.
Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
1979 gilt als „das Schlüsseldatum des 20. Jahrhunderts“ (Peter Sloterdijk) und wird als der „Beginn der multipolaren Welt von heute“ (Claus Leggewie) bezeichnet. Die iranische Revolution brachte den fundamentalistischen Islam auf die weltpolitische Agenda, während der sowjetische Einmarsch in Afghanistan auf die Krisenherde des 21. Jahrhunderts vorauswies. Der Papstbesuch in Polen, der von Millionen gefeiert wurde, beschleunigte den Untergang des Sozialismus. Margaret Thatcher verkündete eine neoliberale, die neugegründete grüne Partei eine ökologische Wende. Und die vietnamesischen Boat People konfrontierten die Deutschen erstmals mit weltweiten Flüchtlingsströmen. Frank Bösch schildert, mit bisher unbekannten Dokumenten, wie diese Ereignisse 1979 aufkamen und welche Folgen sie für Deutschland hatten: politisch, kulturell und – mit Energiespar-Appellen, Nicaragua-Kaffee, Fremdenhass und Willkommenskultur – auch für den Alltag.
Frank Bösch ist Professor für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität Potsdam und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF).
Identitäten. Die Fiktionen der Zugehörigkeit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
In den politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart wird immer wieder eine Kategorie aufgerufen: Identität. Wer sind wir? Oder besser: Was sind wir? Diese Fragen beantworten wir gewohnheitsmäßig mit kollektiven Kategorien wie Religion, Nationalität, Hautfarbe, Klasse oder Kultur. Kwame Anthony Appiah zeigt, dass hinter den politischen Kategorien von Zugehörigkeit und Abgrenzung häufig paradoxe Zuschreibungen stehen, und schöpft dabei aus einem schier unendlichen Reservoir historischen Wissens sowie persönlicher Erfahrungen – und schafft mit dem Handwerkszeug des Philosophen Ordnung und Orientierung in einer häufig unübersichtlichen und politisch brisanten Diskussion.
Kwame Anthony Appiah studierte in Cambridge und bekleidet heute nach Professuren in Yale, Cornell, Duke, Harvard und Princeton einen Lehrstuhl für Philosophie und Jura an der New York University.
Das Haus der Regierung. Eine Saga der Russischen Revolution
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Nirgendwo sonst verdichtet sich die Geschichte der Sowjetunion so intensiv, wie in dem Moskauer Haus, in dem Ende der 20er-Jahre 500 komfortable Wohnungen für Regierungsmitglieder und sonstige Elite entstanden. Yuri Slezkine, geboren in der UdSSR, nun Geschichtsprofessor an der Universität Berkeley, verknüpft die Geschichte des Hauses mit den Biographien seiner Bewohner.
Welten der Antike. Eine Geschichte von Ost und West
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Altertumswissenschaftler Michael Scott, Associate Professor an der University of Warwick und TV-Präsentator, schildert ein außerordentliches Zeitalter, in dem alte Ordnungen gestürzt und die Fundamente für unsere heutige Zeit gelegt wurden. Er zeigt, wie unterschiedliche Gesellschaften auf ähnliche Bedrohungen und Zwänge reagierten und wie sie sich gegenseitig durch Eroberung, Anpassung und Handel beeinflussten.
Nach dem Krieg sind alle gleich. Eine Geschichte der Ungleichheit
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Historiker und Altertumswissenschaftler Walter Scheidel von der Stanford University untersucht die Ursachen für soziale Gegensätze über drei Jahrtausende und kommt zu dem Schluss, dass es bisher in der Geschichte keine friedliche Senkung der Ungleichheit gab. Er fordert ein ernsthaftes Angehen der Probleme und provoziert diejenigen, die hohe Erwartungen an neue Einkommens- und Bildungsprogramme schüren.
Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Das „Welthaus Rothschild“ besaß bis 1914 die größte Bank der Welt. Roman Sandgruber, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, zeichnet ein Bild vom Aufstieg der Familie und dem Schicksal ihres österreichischen Zweigs. Er schildert Geschäfte und Transaktionen, Skandale und Dramen
Ein Jahrhundertdenker. Karl R. Popper und die offene Gesellschaft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Karl Popper hat auf verschiedenen Gebieten, wie Erkenntnislehre, Wissenschaftstheorie oder Sozialphilosophie, richtungsweisende Gedanken entwickelt, die noch heute die gesellschaftspolitische Diskussion beeinflussen. Angesichts der steigenden Nachfrage nach weltanschaulicher Orientierung ist seine Philosophie aktueller denn je. Ihr widmet Kurt Salamun, der zur Ideologietheorie forscht und an der Universität Graz lehrt, sein Buch.
Cellinis Saliera. Die Biographie eines Kunstwerks
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Herausgegeben von der Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien und dem Kurator der Kaiserlichen Schatzkammer, beschäftigt sich Band 19 der Schriften des Kunsthistorischen Museums mit der Saliera, Benvenuto Cellinis goldenem Salzfass.
Rainer, Paulus; Haag, Sabine (Hrsg.)
Jenseits von Rom und Karl dem Großen. Aspekte der globalen Verflechtung in der langen Spätantike
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Wiener Byzantist Preiser-Kapeller tritt in seinem Buch eine Reise durch die großen Imperien an, grob lokalisiert zwischen zwei Großen, nämlich Konstantin und Karl. Die spätantiken Jahrhunderte galten aus der Perspektive Westeuropas bzw. des Mittelmeerraums lange Zeit als Periode der völligen Fragmentierung der vormals unter römischer Herrschaft existierenden politischen und wirtschaftlichen Netzwerke. Es lohnt sich allerdings, weg von Europa und hin zu den großen Reichen des östlichen Mittelmeerraums, Ostafrikas, des Nahen Ostens, Indiens sowie Zentral- und Ostasiens zu blicken.
Preiser-Kapeller, Johannes
Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Im öffentlichen Diskurs wird heute überall auf Befindlichkeiten Rücksicht genommen und vor „expliziter Sprache“ gewarnt. Robert Pfaller, Philosoph und Professor für Kulturwissenschaften und Kulturtheorie, fragt sich, wie es dazu gekommen ist, dass wir nicht mehr als Erwachsene angesprochen, sondern von der Politik wie Kinder behandelt werden wollen. Ihm geht es darum, als mündige Bürger wieder ernst genommen zu werden.
Der Klang der Großstadt. Eine Geschichte des Hörens. Wien 1850 – 1914
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Am Beispiel der Stadt Wien stellt der Historiker Peter Payer erstmals die auditive Kultur einer der wichtigsten europäischen Metropolen der Zeit um 1900 vor. Im Zentrum steht jene historische Periode, in der Wien sich zur modernen Großstadt entwickelte. Die ungeheure Dynamik dieser Zeit veränderte nicht nur das Stadtbild nachhaltig, sie ließ auch einen neuen Hör-Diskurs entstehen. Immer intensiver wandte sich die öffentliche und private Aufmerksamkeit dem Lärm zu.
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die beiden Politologen und Harvard-Professoren Steven Levitsky und Daniel Ziblatt haben ausgiebig zum Versagen von Demokratien im Europa der 30er- und Lateinamerika der 70er-Jahre geforscht. Dass sie sich auch einmal mit ihrer US-amerikanischen Heimat würden beschäftigen müssen, hätten sie nicht gedacht. In diesem Buch zeigen sie, woran wir erkennen, dass demokratische Institutionen ausgehöhlt werden und an welchen Punkten wir eingreifen können.
Levitsky, Steven; Ziblatt, Daniel
Pracht und Anmut. Begegnungen mit zwölf herausragenden Handschriften des Mittelalter
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Christopher de Hamel, Handschriftenexperte und Bibliothekar der Parker Library in Cambridge, folgt den Spuren zwölf bedeutender mittelalterlicher Handschriften und beschreibt, wie sie behütet und gestohlen, versteckt und wiederentdeckt wurden. Unter ihnen befinden sich zum Beispiel das Stundenbuch der Königin von Navarra und das Book of Kells.
Das Gesetz der Herde. Von Primaten, Parolen und Populisten – Macht und Unterwerfung bei Tier und Mensch
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Ausgehend von seinen Erfahrungen als Physiker untersucht der Autor, der an der Universität Konstanz lehrt, wie Tiere und Menschen sich in Gemeinschaften verhalten. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf aktuelle Erscheinungen und Entwicklungen unserer Gesellschaft zu und zeigen viele Parallelen auf.
Überlandpartie. Kabarett auf Sommerfrische
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Die Leiterin des Österreichischen Kabarettarchivs Iris Fink und der Schriftsteller Roland Knie erkunden in Wien, Graz, Bad Gleichenberg, an den Kärntner Seen und im Salzkammergut, warum welche Unterhaltungskünstler in welchen Kurorten, Kurtheatern und sonstigen Sommerbühnen auftraten
Zeit der Zauberer. Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919- 1929
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Wolfram Eilenberger, Autor, Zeit-Kolumnist und langjähriger Chefredakteur des Philosophie Magazins, schildert die Jahre zwischen 1919 und 1929, in denen die großen Philosophen Ludwig Wittgenstein, Walter Benjamin, Ernst Cassirer und Martin Heidegger zwischen Wirtschaftskrise, Nachkriegssorgen und aufkommendem Nationalsozialismus Weltbedeutung gewannen.
Die Geburt der mediterranen Welt. Von den Anfängen bis zum klassischen Zeitalter
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Seit der Frühzeit der Menschen hat das Mittelmeer die Welt unserer Vorfahren nachhaltig geprägt. Der Archäologe Cyprian Broodbank, Professor an der Universität of Cambridge, verfolgt die Geschichte dieses Meeres von den Tagen der ersten Begegnung der Hominiden mit dem neuen Lebensraum vor 1,5 Millionen Jahren bis zum Beginn der klassischen Antike.
Die islamische Aufklärung. Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Journalist und Nahost-Experte Christopher Bellaigue kritisiert die oft selbstgefällige westliche Sicht auf die arabische Welt. Dabei gab es auch in Ägypten, im Iran und der Türkei nach 1800 Bewegungen für Freiheit, Gleichheit, Demokratie, einen weltlichen Staat, Frauenrechte, Gewerkschaften, freie Presse und die Abschaffung von Sklaverei. Der Autor schildert den Kampf zwischen Glaube und Vernunft und um eine neue muslimische Identität.
Bellaigue, Christopher de
Bürgerkrieg. Vom Wesen innerstaatlicher Konflikte
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
David Armitage, Harvard-Professor für Geschichte, zeigt anhand historischer Beispiele auf, dass der Bürgerkrieg in unserer Gegenwart seine Blütezeit erfährt. Seine Perspektive auf die Ursprünge und spezifischen Dynamiken dieses Phänomens verdeutlicht, dass allein die Benennung eines innerstaatlichen Konflikts als Bürgerkrieg dessen Ausgang beeinflussen kann.
Der Dreißigjährige Krieg. Eine europäische Tragödie
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Der Dreißigjährige Krieg kostete Millionen Leben und veränderte die politische wie religiöse Landkarte Europas. Bis heute hält die Auseinandersetzung mit diesem Krieg an. Peter H. Wilson versucht alle Aspekte in den Blick zu nehmen: beginnend mit der Vorgeschichte des Krieges und einem europaweiten Panorama der strukturellen Gegebenheiten über eine breite Schilderung des Kriegsgeschehens bis hin zum Westfälischen Frieden und den Folgen.
Die Außenseiter – Flucht, Flüchtlinge und Integration
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Flucht und Integration gehören zu den beherrschenden Themen der Gegenwart. Sie sind ein maßgeblicher Grund für den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und drohen, die EU zu spalten. Ein Blick in die Tiefen der Geschichte relativiert allerdings die »Flüchtlingskrise« des Jahres 2015. Seit 1492 die sephardischen Juden von der iberischen Halbinsel vertrieben wurden, ist Europa immer ein Kontinent der Flüchtlinge gewesen. Philipp Ther geht den Gründen der Flucht nach: religiöse Intoleranz, radikaler Nationalismus und politischer Verfolgung. Anhand von Lebensgeschichten veranschaulicht er die Not auf der Flucht, identifiziert Faktoren für gelingende Integration und erörtert das wiederholte Versagen der internationalen Politik sowie die Lehren, die daraus etwa in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gezogen wurden.
Herrschaft der Dinge. Die Geschichte des Konsums vom 15. Jahrhundert bis heute
Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft
Was wir konsumieren ist zu einem bestimmenden Aspekt unseres Lebens geworden. Wir definieren uns über unseren Besitz, und dieser Lebensstil hat enorme Folgen für die Erde. Wie kam es dazu, dass wir heute mit einer derart großen Menge an Dingen leben, und wie hat das den Lauf der Geschichte verändert? Frank Trentmann, Historiker am Londoner Birkbeck College, erzählt in seinem Buch die Geschichte des Konsums.